Ludger Kenning
Damals bei der Selketalbahn
Das Meterspurnetz zwischen Gernrode, Alexisbad, Harzgerode, Straßberg, Stiege,
Hasselfelde und Eisfelder Talmühle in der Reichsbahnzeit
288 Seiten 25/21 cm gebunden, 164 Farb- und 206 SW-Fotos, 5 Tabellen
ISBN 978-3-944390-25-3 – Preis: 49,95 €
Was wir heutzutage unter der Selketalbahn verstehen, nämlich das 52 km weite Meterspurnetz zwischen Gernrode, Harzgerode, Alexisbad, Stiege, Hasselfelde und Eisfelder Talmühle, war in den Jahren 1887-1905 durch die Gernrode-Harzgeroder Eisenbahngesellschaft (GHE) als Anhaltische Harzbahn ins Leben gerufen worden. Auch wenn die Bahn lediglich vom Quellgebiet östlich von Stiege bis hinunter nach Mägdesprung dem Flüßchen Selke folgt, so bürgerte sich schon vor dem 1. Weltkrieg für das gesamte Netz der Begriff „Selketalbahn“ ein. Für die aufblühende Industrie, den Bergbau, die Land- und Forstwirtschaft, die Anwohner sowie Sommerfrischler leisteten die vorwiegend gemischten Schmalspurzüge überaus wertvolle Dienste, bis die sowjetische Besatzungsmacht im Frühjahr 1946 mit der Demontage eines Großteils des Netzes als Reparationsleistung begann und ebenso die meisten Fahrzeuge requirierte. Umgehend lief der Neuaufbau im Bereich zwischen Gernrode, Harzgerode und Lindenberg (später Straßberg) an und mit dem Übergang an die Deutsche Reichsbahn im April 1949 begann eine neue Ära.
Durch sie wollen wir jetzt einen fotografischen Streifzug unternehmen, ohne den in der bisherigen, überaus umfangreichen Harzbahnliteratur detailliert dargestellten Werdegang des Schmalspurnetzes, der Stationen sowie Fahrzeuge abermals aufzurollen. Wir betrachten das Streckennetz, die urige Landschaft, die reizenden Bahnstationen und typischen Fahrzeuge und versetzen uns zurück in eine längst vergangene Zeit, als die Selketalbahn für die Wirtschaft, die Bewohner und Urlaubsgäste des Tals noch unabdingbar war und zum Alltag gehörte wie das Krähen des Hahns.
Die DR übernahm eine zweigeteilte Selketalbahn: Während der westliche Teil, die Strecke Eisfelder Talmühle – Hasselfelde, als Zweig der Harzquerbahn fungierte, führte der östliche Teil zwischen Gernrode, Harzgerode und Straßberg ein Eigenleben mit beschaulichem Betriebsablauf und urtümlichen, meist von der Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn stammenden Fahrzeugen. Die kleinen C-gekuppelten Lokomotiven waren vor den immer schwerer werdenden Zügen bald überfordert. Abhilfe kam ab 1953 mit den sechs von Wernigerode nach Gernrode umgesetzten Mallet-Lokomotiven, die über drei Jahrzehnte hinweg den Zugverkehr im Selketal prägen sollten. Im Laufe der 60er Jahre wurde immer offenkundiger, daß der Schmalspurbetrieb trotz aller Rationalisierungen nicht mehr zeitgemäß war, so daß der Ministerrat der DDR anwies, die Selketalbahn auf Verschleiß zu betreiben und bis 1974 den „Verkehrsträgerwechsel“ zu vollziehen. Es kam anders: Stattdessen wurde sie 1972 zum Technischen Denkmal deklariert und 1973 fiel die Entscheidung zum Lückenschluß zwischen Straßberg und Stiege. Mit Inbetriebnahme dieser Neubaustrecke im Jahr 1984 begann wieder eine neue Epoche: Rollwagenzüge gelangten von Nordhausen bis Silberhütte, später für kurze Zeit auch nach Harzgerode, und die großen 1’E1’-Lokomotiven hielten Einzug. Der im östlichen Streckenteil durchweg mittels Schmalspurwagen abgewickelte Güterverkehr ging sogleich nach der Wende rapide zurück, so daß er sukzessive eingestellt wurde. Im Harzer Fremdenverkehr nimmt die Selketalbahn, seit 1. Februar 1993 ein Teil der Harzer Schmalspurbahnen GmbH, noch heute einen hohen Stellenwert ein.
|